Herbst Tag- und Nachtgleiche

Alban Elued - Herbst Tag- und Nachtgleiche - Igel

Herbst Tag- und Nachtgleiche

Das schweigende Äquinoktium

Eine Reise ins Herz der Balance

Wenn Licht und Dunkelheit sich die Waage halten und der Geist zur Ruhe kommt.

Wenn der Wind die Blätter von den Ästen streicht und das erste Gold in den Wäldern leuchtet, naht eine Zeit der tiefen Einkehr. Die Herbst Tag- und Nachtgleiche, ein Moment des vollkommenen Gleichgewichts zwischen den kosmischen Kräften, markiert den Punkt, an dem die Dunkelheit behutsam die Oberhand gewinnt. Dies ist kein Kampf, sondern eine sanfte Übergabe, eine kosmische Bewegung, die seit Anbeginn der Zeit das große Rad des Lebens dreht. Die alten Wege lehren, dass das Leben ein unaufhörlicher Zyklus ist, in dem jedes Ende auch ein Anfang ist, und jeder Abschied eine Vorbereitung auf eine neue Ankunft. In diesen Tagen der Tagundnachtgleiche spüren wir die Wahrheit dieser zyklischen Existenz in jeder Faser der Natur.

Die Sonne, die uns den Sommer über mit ihrer vollen Kraft genährt hat, beginnt ihren langsamen Rückzug. Sie verabschiedet sich nicht in Zorn, sondern in einem Abschied voller Würde und Dankbarkeit. In der Pflanzenwelt sehen wir, wie die Lebenskraft sich von den oberirdischen Teilen in die Wurzeln zurückzieht, um dort in Stille auf die Wiedergeburt im Frühling zu warten. Dieses Zurückziehen der Energie in die Tiefe der Erde ist ein Spiegelbild unserer eigenen inneren Reise. Es ist die Zeit, in der sich unser Fokus vom Äußeren ins Innere verlagert. Die Ernte ist eingebracht, die Früchte der Arbeit des Jahres sind gesichert. Nun ist die Zeit der Verarbeitung, der Reflexion und der Dankbarkeit.


Die kosmische Balance des Lebens

Die Lehre der Tagundnachtgleiche ist die Lehre der Balance. Sie fordert uns auf, in uns selbst nach einem Gleichgewicht zwischen den Gegensätzen zu suchen: Licht und Schatten, Geben und Nehmen, Handeln und Ruhe. In der Hektik des modernen Lebens verlieren wir oft den Kontakt zu diesen essentiellen Rhythmen. Wir vergessen, dass auch die Stille und die Dunkelheit einen wichtigen Zweck erfüllen. Die alten Überlieferungen erzählen von der tiefen Weisheit, die in der Dunkelheit verborgen liegt. Die Mysterien der Nacht, die in den heiligen Hainen und an den Feuerstellen alter Kulturen gefeiert wurden, waren eine Schule der Erkenntnis. Sie lehrten, dass die Nacht nicht das Ende, sondern die Wiege des Lebens ist.

Diese philosophische Idee findet sich in den spirituellen Traditionen der ganzen Welt. Sie ist der Grundgedanke in der Vorstellung, dass alles aus einem ursprünglichen, undifferenzierten Nichts entsteht. Die Ursuppe, aus der das Sein sprießt, ist die Dunkelheit, das Unbekannte. Die Herbst Tag- und Nachtgleiche erinnert uns daran, dass wir uns dieser Dunkelheit stellen müssen, um unsere wahre Natur zu erkennen. Das ist die Essenz der inneren Reise, die jetzt beginnt: die Reise in die tiefen Schichten des Selbst, wo wir uns mit unseren Ängsten, unseren Schatten und unseren ungelösten Anteilen auseinandersetzen. Nur so können wir wachsen und uns auf die Zeit des Wiedererwachens im Frühjahr vorbereiten.


Ernte des Geistes und der Seele

Die Ernte ist nicht nur eine physische Angelegenheit. Sie ist auch eine Metapher für die Früchte unserer geistigen und seelischen Arbeit. In der stillen Zeit der Herbst Tag- und Nachtgleiche können wir uns fragen: Was haben wir in diesem Jahr gesät? Welche inneren Früchte haben wir geerntet? Haben wir Weisheit erlangt, indem wir uns unseren Herausforderungen stellten? Haben wir Liebe erfahren, indem wir sie großzügig teilten? Die Antworten auf diese Fragen sind die wahren Schätze, die wir einbringen und für die dunklen Monate bewahren. Das sind die Vorräte, die unsere Seele nähren, wenn die äußere Welt kälter und karger wird.

Ein zentrales Symbol für diese Ernte des Geistes ist der Apfel. In vielen alten Sagen und Mythen steht der Apfel für Wissen, Unsterblichkeit und die Verbindung zur Anderswelt. Die Anderswelt, das Reich des Unbewussten, ist der Ort, an dem die Weisheit wohnt. Der Apfelbaum ist der Baum des Wissens, der uns dazu einlädt, in die Tiefen unseres Seins zu tauchen, um die Früchte der Erkenntnis zu ernten. Diese Frucht ist nicht nur süß, sondern auch von einer gewissen Bitterkeit, denn sie lehrt uns, dass das Leben aus beiden besteht: dem Licht und dem Schatten.


Rituale der Einkehr und Dankbarkeit

Die rituelle Praxis zu dieser Zeit ist eine Praxis der Dankbarkeit. Sie ist eine Geste der Anerkennung gegenüber der Erde und dem Kosmos für alles, was sie uns gegeben haben. Gaben wie Brot, Früchte oder Most, auf einem Altar dargebracht, sind eine einfache, aber kraftvolle Art, sich mit den Kräften der Natur zu verbinden. Es ist ein Moment, um die Vergänglichkeit des Lebens anzuerkennen und gleichzeitig das Vertrauen in den ewigen Kreislauf aufrechtzuerhalten.

In dieser Zeit der Einkehr verlagert sich auch die Betriebsamkeit von den Feldern ins Haus. Alte Handwerke, die uns mit unseren Ahnen verbinden, wie das Spinnen, werden wieder bedeutsam. Das Spinnen der Fäden symbolisiert das Weben des eigenen Schicksals und der Lebensgeschichte. Es ist eine meditative Tätigkeit, die uns lehrt, Geduld zu haben und uns mit der Schöpfungskraft zu verbinden.

In den Tagen der Herbst Tag- und Nachtgleiche werden wir eingeladen, die Stille zu suchen und der Stimme unseres Herzens zu lauschen. Sie flüstert uns von Balance und vom ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens. Wir erkennen, dass die größte Stärke nicht im Kampf liegt, sondern im Annehmen dessen, was ist. Indem wir die Dunkelheit willkommen heißen, machen wir Platz für das Wunder des neuen Lichts, das sich in uns manifestieren wird, wenn die Zeit gekommen ist.


Mabon: Historie und moderne Praxis

Obwohl die Feier der Herbst Tag- und Nachtgleiche unter dem Namen Mabon eine neuzeitliche Schöpfung ist, knüpft sie an uralte Traditionen an. Der Begriff Mabon wurde in den 1970er Jahren von dem neuheidnischen Autor Aidan Kelly geprägt und ist primär eine Zeit des Dankes für die eingebrachte Ernte. Das Fest, das auch als Alban Elued bekannt ist, entstand im Rahmen der Wicca-Bewegung der 1950er Jahre und wurde von anderen naturreligiösen Strömungen übernommen. Rituale fokussieren sich auf Dankbarkeit und das Finden von Gleichgewicht, oft durch Gaben auf einem Altar, die die vier Elemente symbolisieren. Historische Parallelen finden sich weltweit, von den Eleusinischen Mysterien im antiken Griechenland, die Persephones Abstieg in die Unterwelt thematisierten, bis hin zu germanischen und slawischen Erntedankfesten. Diese Feste zeigen, dass das Thema des Abschieds vom Sommer und der Vorbereitung auf die Dunkelheit eine universelle Tradition in vielen Kulturen war.

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