
Zwischen Fels und Wind
Ein Dank, eine Stille und der Urklang der neuen Zeit
Seid gegrüßt, liebe Freunde und Weggefährten,
wir stehen kurz vor der längsten Nacht des Jahres. Draußen hat sich die Natur längst zurückgezogen; die Bäume stehen kahl, die Säfte sind tief in die Wurzeln gesunken, und die Erde atmet langsam und schwer. Es ist die Zeit von Alban Arthuan, der Wintersonnenwende, und kurz darauf öffnen sich die Tore zu den Rauhnächten – jener mystischen Zeit „zwischen den Jahren“, in der die Schleier dünn sind und das Schicksal neu gewoben wird.
Bevor auch ich mich in die Stille dieser Tage begebe, ist es mir ein Herzensanliegen, euch danke zu sagen. Danke, dass ihr in diesem Jahr Teil der Reise von Druvides wart. Danke für eure Zeit, euer Lesen, eure Gedanken und die unsichtbaren Bande der Cairdeas (Freundschaft), die uns verbinden.
Das Jahr 2025 war ein Jahr des Säens und des Wachsens. Doch wie jeder Gärtner weiß, braucht die Saat nun die Dunkelheit der Erde, um Kraft zu sammeln.
Mein Rückzug in die Rauhnächte
Ich werde mich über die kommenden Rauhnächte vollständig zurückziehen. Ihr werdet in dieser Zeit hier auf dem Blog und auf den Kanälen Ruhe finden – genau wie ich. Ich tue dies nicht nur, um Abstand vom Lärm der Welt zu gewinnen, sondern um Platz zu schaffen.
Platz für neue Inspirationen, für das heilige Imbas, damit ich 2026 mit frischer Kraft und Klarheit für euch da sein kann. Es ist die Zeit, in der ich nicht im Außen wirke, sondern im Innen lausche.
Und es gibt einen besonderen Grund für dieses Lauschen. In den letzten Monaten ist etwas entstanden, das mir sehr viel bedeutet. Ein Werk, das all das Wissen, das wir hier oft besprechen, bündelt, vertieft und in eine neue Form gießt.
Ein Blick auf das Kommende: Aonad Mòr
Ich plane, mein neues Buch „Aonad Mòr – Kosmisches Bewusstsein“ im Februar oder spätestens Anfang März 2026 zu veröffentlichen. Es ist ein Handbuch für den Druiden der neuen Zeit – eine Synthese aus alter Weisheit und moderner Anwendung.
Um euch die Wartezeit zu versüßen und euch ein Thema für eure eigene Meditation in den Rauhnächten zu schenken, möchte ich heute einen besonderen Gedanken mit euch teilen. Es ist ein eigenständiger Text, der zwar nicht Teil des Buches ist, aber den Geist und die Themen, die uns im neuen Jahr beschäftigen werden, wunderbar einfängt. Er schlägt die Brücke zwischen den Welten, verbindet den Osten mit dem Norden, den Fels mit dem Wind.
Lest selbst – und lasst es wirken:
AUM und Awen – Fels und Wind der Schöpfung
In den alten Hallen des Wissens, wo der Rauch des heiligen Feuers den Geist klärt, erkennen wir eine universelle Wahrheit: Die Weisheit kennt keine Geografie. Was die Weisen des Ostens in der heiligen Silbe OM (A-U-M) erkannten, spiegelt sich in vollkommener Harmonie in den Lehren unserer Ahnen, in der Ordnung der Weltenesche Yggdrasil und im Mysterium des Awen.
Es ist nicht bloß ein Klang; es ist der mathematische Code des Universums, der Herzschlag der Mutter Erde. Wir betrachten hier nicht zwei getrennte Lehren, sondern das eine, ewige Wissen – die Sophia Perennis –, das sich nur in unterschiedlichen Gewändern zeigt.
Der Odem der Schöpfung: Statik und Dynamik
Während das vedische OM oft als das statische Sein, als der unveränderliche Fels der Existenz verstanden wird, bietet die norisch-keltische Tradition eine dynamische Schwester: AWEN.
Verwandt mit dem indogermanischen Wortstamm uel (wehen, blasen), bedeutet Awen wörtlich „Hauch“, „Inspiration“ oder „fließender Geist“.
Wenn wir diese beiden Kräfte betrachten, verstehen wir die Ganzheit:
- Das OM ist der Fels. Das AWEN ist der Wind, der ihn umweht.
- Das OM ist die Architektur der Form. Das AWEN ist die Kreativität, die durch sie hindurchströmt.
Druiden visualisieren diesen „fließenden Geist“ als drei Lichtstrahlen ( /|\ ). Sie stehen für die fundamentalen Kräfte, die auch im OM schwingen:
- Der linke Strahl: Die weibliche Energie, die Liebe.
- Der rechte Strahl: Die männliche Energie, der Wille.
- Der mittlere Strahl: Die Balance, die Wahrheit.
Die Triade des Seins: Eine Reise durch die Welten (zwischen Fels und Wind)
Dieser Klang ist keine abstrakte Theorie, sondern eine gelebte Reise durch die neun Welten unserer Kosmologie. Wenn wir das druidische Ah-Oo-En tönen, reisen wir:
- Das A – Die Festigkeit von Midgard (Wachen): Hier vibriert der Klang im Körper. Wir sind im Wachzustand, auf dem festen Boden der Tatsachen. Hier wirken Erde und Feuer, hier lernt die Seele durch Reibung.
- Das U (Oo) – Das Flüstern der Anderswelt (Träumen): Der Übergang führt uns in das Reich der Träume und der Mythen. Wenn der Körper ruht, wandert das Anam (die Seele) durch die Pfade jenseits des Schleiers. Es ist das Reich des Wassers und der Luft, wo die Realität formbar wird.
- Das M (En) – Die heilende Dunkelheit (Tiefschlaf): Das Summen führt in die Tiefe, zu den Wurzeln der Weltenesche. Dies ist nicht Leere, sondern pures Potenzial. Es ist der Kessel der Wiedergeburt, die notwendige Dunkelheit des Winters, bevor der Frühling kommt.
Turiya und Aonad Mòr: Die Stille hinter dem Klang
Nach dem Verhallen des Klanges folgt die Stille. Die Veden nennen sie Turiya. In der druidischen Weisheit ist dies das Erwachen zum Aonad Mòr – der Großen Einheit.
In diesem Zustand erkennt der Mensch, dass Trennung eine Illusion ist. Fels und Wind sind eins. Er erkennt sich nicht als den Körper, der altert, nicht als den Geist, der zweifelt, sondern als den unsterblichen Funken, der Teil des ewigen Feuers ist.
Das Ziel ist nicht, der Welt zu entfliehen, sondern sie zu durchdringen. Wir werden zu Hütern der Erde, die in der Stille verwurzelt sind (OM), während sie im Sturm des Lebens stehen und wirken (AWEN).
Wir sehen uns 2026
Ich hoffe, dieser Impuls begleitet euch durch die kommenden dunklen Nächte und schenkt euch Inspiration für eure eigenen Meditationen. Seid Fels und Wind zugleich.
Ich wünsche euch und euren Lieben ein gesegnetes Julfest, tiefe Erkenntnisse in den Rauhnächten und einen kraftvollen Start in das neue Jahr. Möge das Licht des Awen euch führen.
Wir lesen uns wieder, wenn die Sonne ein Stück höher steht und die ersten Samen unter der Schneedecke zu träumen beginnen.
In tiefer Verbundenheit,
Euer Christian Brand, alias ladruido von DRUVIDES


Ich wünsche Dir schöne Tage der Verbundenheit